Brezelfeste in schwieriger Zeit - 1929

Nach 15jähriger Unterbrechung ging man daran, das einst traditionelle und weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannte Speyerer Brezelfest neu aufleben zu lassen.

 

Doch es gab Nörgler und Zweifler, die einer Renaissance des Brezelfestes feindlich oder zurückhaltend gegenüberstanden, so Lorenz Wingerter in der „Speyerer Zeitung“ vom 29. Juni 1929. Ein Teil der Pessimisten glaubte nicht an die Traditionskraft, ein anderer Teil hielt von einer Neuauflage nicht viel. Und trotzdem sollte sich bald zeigen, wie sehr das Brezelfest in den Herzen der Bevölkerung verankert war, wie wenig es auch von seiner früheren Anziehungskraft eingebüßt hatte. ”Es war viel schwieriger, als vor dem Krieg, die nötige Stimmung und die notwendigen Mittel aufzubringen”, schrieb Hermann Vollmer später in der Festzeitung des Jahres 1931. Trotzdem lohnte sich der Einsatz 1929. Die Speyerer feierten wieder und mit ihnen die vielen ”Fremde vun auswärts”. So konnte nach 15jähriger unliebsamer Unterbrechung mit der Wiedereinführung des Brezelfestes vom 6. bis 8. Juli 1929 ein schöner Erfolg für die Stadt und die Geschäftswelt verzeichnet werden.

Das Programm entsprach im wesentlichen den Programmabläufen vor dem Ersten Weltkrieg und sah für den Hauptfesttag am Sonntag, den 7. Juli 1929 am Vormittag wieder Standmusik mehrerer Kapellen im Stadtgebiet vor. Im Gegensatz zu den ersten Brezelfesten, an denen ausschließlich Militärkapellen aufspielten, waren jetzt den politischen Umständen gemäß, die Region war ja bekanntlich entmilitarisiert, natürlich nur zivile Orchester zu hören. Es spielten am Altpörtel die Stadtkapelle, am Marktplatz die Harmoniekapelle unter Leitung von Musikdirektor Rudolph, der den Brezelfestmarsch von Herrn Direktor Berthold aus Düsseldorf ausfindig machte und auch spielte, sowie am Fischmarkt die Gesellenvereinskapelle.

Ein besonderer Programmpunkt war die Enthüllung des Jakobbrunnens in der Heydenreichstraße. Der frühere Vorsitzende des Verkehrsvereins und Brezelfesterfinder Dr. Vollmer hielt die Festrede. Er bezeichnete es als glücklichen Gedanken mit dem Brezelfest die Enthüllung des Jakobsbrunnens zu verbinden, da beide Feste dem Gemeinsinn wackerer Bürger zu verdanken seien. Der Brunnen wurde anschließend der Stadtverwaltung übergeben für die der zweite Bürgermeister, Herr Stützel, eine Ansprache hielt, die mit dem Wunsch endete: ”Mach uns glücklich, so wie den Jakob unter der Himmelsleiter! Herr mach uns frei!“
Hauptprogrammpunkt am Nachmittag dieses Brezelfestsonntages war um 14.00 Uhr der Festzug, welcher am Guido-Stiftsplatz startete und über Wormser Straße, Heydenreichstraße, Königstraße, Paulstraße, Landauer Straße, Gilgenstraße, Maximilianstraße, Domplatz, Pfaffengasse und Marxstraße zum Festplatz führte. Da Speyer nach wie vor besetzt war und weniger in Freude und Fröhlichkeit verfallen, wollte man den karikaturhaften Inhalten der ersten Brezelfestumzüge nicht folgen, sondern gab dem Umzug des Jahres 1929 das Motto ”Lieder im Bilde”. Hier gab es parallelen zu dem Festumzug des Jahres 1912, welcher das Motto ”Verkörperte Lieder” hatte. So zum Beispiel der Festwagen mit der Nummer 25, der das Lied ”Was backen die Bäcker die Weck so kleen” darstellte. Möglicherweise wurde auf noch vorhandene Requisiten zurückgegriffen.